Besiedlungsgeschichte

Guscha - das alte Mutzen – wurde wahrscheinlich von Stürvis aus besiedelt. Eine der ersten Erwähnungen über Mutzen datiert vom 5. Februar 1366 in einem Erblehensbrief. Ein Streiff verleiht „Hans Enderlis Sohn ab Mutzen Güter bei Rofis (Rofels) zum Erblehen, verpflichtet ihn aber gleichzeitig zum Dienst mit Schilten und Spiessen, ausgenommen Streitfälle mit den Herren der Stadt zu Mayenfeld“. Viele Urkunden und Dokumente wurden angeblich von einem Guschavogt nach Maienfeld gebracht und sind seither verschwunden. In den Registern des Stadtarchivs wird Mutzen von 1517 bis 1571 sechsmal erwähnt. Der Chronist Anhorn berichtet um das Jahr 1622: „Es liegt ein Dörfli von sechs Häusern und mehr Stallungen darnebend, unden an dem Berg zu den Anhornen, welches Dörfli Guscha genannt wird, das ist in der nacht auf den 24. Septembris 1622 in brand gesteckt worden“. Ab diesem Zeitpunkt hat diese Siedlung den Namen Guscha angenommen. Die Herkunft des Namens ist wahrscheinlich auf das romanische Wort „cuscha“ zurückzuführen, was Baumstrunk bedeutet. In der Umgebung von Maienfeld wurde im 15. Jahrhundert noch romanisch gesprochen. Mutzen war zur Zeit der Besiedlung durch die Walser noch stark bewaldet, sodass vorerst eine gehörige Rodungsarbeit zu leisten war. Zurück blieben Baumstrünke (cuschas), daraus dürfte der Name Guscha abgeleitet sein. Einst soll Guscha ca. 170 Einwohner gezählt haben. Doch infolge Ausplünderung und Brandlegung durch fremde Truppen 1499 und 1622 sowie Auswanderung, Pest und Verarmung, entvölkerte sich das Dörflein immer mehr. Trotzdem sind 1742 wieder 12 Wohnungen mit ca. 140 Personen auf der Guscha anzutreffen. Als Hausbezeichnungen wurden erwähnt: Rainhaus, Tolenborthaus, Brunnenhaus, Neuhaus, Oberhaus, das Krachen- und Tobelhaus. Als häufigste Geschlechtsamen werden Frick, Just, Riederer und Mutzner genannt.

In einer 1795 datierten Urkunde beschlossen die Guschner, dass Frauen, wenn sie sich auf Guscha einheiraten wollten, auch das Ihrige dazu leisten sollten. Fremde Frauen hatten in Zukunft 12 Gulden, Maienfelderinnen 8 Gulden Gebühr zu leisten. Das Geld wurde zur Finanzierung der Schule verwendet. Guscha hatte zwar kein Schulhaus, die Schüler wurden im Wohnhaus des Lehrers unterrichtet. Ihre eigene Schule dürften sie um 1826 aufgegeben haben. Fortan besuchten sie die Schule in Maienfeld. Je nach Umständen kam eine Mutter mit den Kindern den ganzen Winter nach Maienfeld und führte so einen eigenen Haushalt, oder die Schulkinder nahmen Logis bei Bekannten. Es kam aber nicht selten vor, dass die Kinder täglich den je zweistündigen Hin- und Rückweg zu Fuss machten. Die Streitigkeiten zwischen Maienfeld und der Guscha bezüglich Rechten und Pflichten führten seit 1810 zu andauernden Auseinandersetzungen. Die Guschner sollten alle Lasten mittragen helfen, wurden andererseits aber als Fremde behandelt und hatten, auch wenn sie in Maienfeld wohnten, kein Anrecht auf das Bürgergut. Ja sogar in Bezug auf Heirat wurden die Guschner geschröpft. Wenn eine Tochter von der Guscha einen Maienfelder heiratete, so musste sie einen Einsitz von 80 Gulden bezahlen und den schriftlichen Beweis erbringen, dass sie ein Vermögen von 300 Gulden besitze (1 Gulden entspricht etwa Fr. 1.70).

Im Jahr 1826 wurden durch Vermittlung des Kleinen Rates verschiedene Zwistigkeiten in Güte geregelt. Ab 1830 fingen viele Guschner an wegzuziehen, teils in die Kreisgemeinden, teils wanderten sie nach Amerika und Italien aus. In der Volkszählung von 1850 werden 46 Guschner Auswanderer, Männer, Frauen und Kinder, erwähnt. Es sind dies 33 Personen namens Just, 7 Riederer, 4 Gelb sowie Cathrina Ruffner-Just und ein Kind namens Cathrina Barbara Luchsinger, alle geboren zwischen 1789 und 1844. Noch bildete Guscha aber eine eigene ökonomische Gemeinde, deren Verwaltung gesetzlich einem beeidigten Guschner Vorsteher (Geschworenen) übertragen war. Er wurde durch die Hofgenossen gewählt und hatte die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die verschriebenen Hofverordnungen befolgt und eingehalten wurden. Es betraf dies Wald-, Weid- und Alpnutzung, Gemeindegüterzuteilung sowie das Armenwesen. Alle zwei Jahre musste er die Rechnung den Hofgenossen zur Einsicht und Genehmigung vorlegen. Solange Guscha ziemlich bewohnt war, scheint diese Verwaltung genügt zu haben. Doch das ständig kleiner werdende Gemeindewesen begann nun ums Überleben zu kämpfen. Die veränderten Verhältnisse veranlassten die Bewohner schon im Mai 1853 ihren Geschworenen durch Auslosung, statt durch ordentliche Wahl zu bestimmen. Wie sich die Einwohnerzahl verringerte, nahm die Armut zu. Das Guschner Bürgerrecht war kein begehrter Artikel mehr. Auswärts wohnende Guschner verzichteten auf ihr Heimatrecht, sobald sie von den ärmlichen Verhältnissen Kenntnis hatten. Die Armenlasten waren zu gross, der Auswandererfonds aufgebraucht. Guscha bekommt einen kantonalen Vermögensverwalter Als Folge der Abwanderung lebten 1862 nur noch zwei Familien auf der Guscha. Im selben Jahr erhielt Regierungskommissär Max Franz von der Regierung den Auftrag, die ökonomischen Verhältnisse der kleinen Hofgemeinde Guscha zu untersuchen und eine Vermögensverwaltung zu bestellen. Als erster Guschavogt amtierte Johann Senti von Maienfeld. Er berichtet im Jahr 1868, dass die Verhältnisse auf Guscha untragbar wären, ja so unhaltbar, dass die Hofgemeinde einer baldigen Auflösung entgegengehe. Der Kleine Rat möge die dazu vorzunehmenden Schritte unternehmen. Die prekären Verhältnisse blieben auch noch unter Johann Peter Enderlin bestehen, der 1890 als Guschavogt eingesetzt wurde. Endlich, 1897, fiel der entscheidende Rechtsstreit zugunsten der Guschner aus. Christian Just, wohnhaft in Maienfeld, verlangte, dass er die Bürgergüter bekommen soll, wie es sich gezieme, weil er als Guschner Maienfelder Bürger sei und nur ein Bürgerrecht bestehen könne. Es kam zu einem langwierigen Prozess, wobei Dr. Felix Calonder, der nachmalige Bundesrat, die Rechte der Guschner gegen die Stadt Maienfeld mit Erfolg vertreten hat. Der Bundesgerichtsentscheid lautete letztendlich zugunsten der Guschner. Seit dem 11. März 1897 sind diese vollwertige Bürger von Maienfeld und sind seither zum Bürgernutzen zugelassen.

Die Siedlung Guscha bildet seit jenem Tag einen integrierenden Bestandteil der Einheitsgemeinde Maienfeld. Die Bestimmungen des Stadtrodels von Maienfeld haben nun auch Gültigkeit für Guscha. Ergänzende Regelungen wurden am 28. Mai 1905 festgehalten, betreffend das Armenwesen, den Los- und Bauholzbezug, die Grasmiettaxen und der Unterhalt des Guschaweges. Damit ist der letzte Rest der Walsergemeinde „Am Berg“ mit der Stadt Maienfeld vereint worden. Die den beiden Familien Mathis und Andreas Just verbliebenen Wohnstätten und privaten Güter auf der Guscha im Umfang von 16 ha haben diese dem Bund abgetreten, als Sicherheitszone für den Waffenplatz St. Luzisteig. Sie erhielten dafür Realersatz in Maienfeld und Bad Ragaz. Damit verliess Ende 1969 die letzte Familie, Mathis Just, den Hof Guscha.

Fortunat Ruffner